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Channel: Cebit – Netzwirtschaft
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Mit dieser Suchmaschine können Sie Videos durchforsten

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Die Suchmaschine Spaactor aus Bremen macht Radiosendungen und Youtubevideos durchsuchbar. Doch es gibt auch noch andere smarte Start-ups.

Angenommen, auf dem Weg zur Arbeit wäre kürzlich eine Sendung im Autoradio über unbemannte Fahrzeuge, die sogenannten Drohnen, gelaufen. Die Sendung wäre interessant gewesen, so sehr, dass man sie gerne noch einmal nachhören wollte – doch wie war noch gleich der Titel? Oder der Name des Programms? Oder der Sender? Schwierig, sich so etwas zu merken, wenn man sich aufs Autofahren konzentriert. Wie gut wäre da eine Suchmaschine für gesprochene Wörter in Radiosendungen, Podcasts oder Videos. Christian Schrumpf und Thorsten Schoop haben solch eine Suchmaschine entwickelt, die Sprache erkennt und sie in Text umwandelt und somit durchsuchbar macht. Spaactor nennen die beiden das, doch noch kennt kaum jemand ihre Technologie. Dabei haben die Deutschen etwas entwickelt, was nicht nur bislang einzigartig ist, sondern in Zukunft die Art verändern könnte, wie wir Medien konsumieren.

Mit steigender Nutzung von mobilen Geräten wie Smartphones oder Tablets und der sich – wenn auch nur langsam – verbessernden mobilen Internetverbindung werden Videos immer beliebter. In sozialen Netzwerken wie Facebook machen sie schon einen großen Anteil aller geteilten Inhalte aus, nicht nur die Unternehmen setzen darauf, sondern auch die Werber. Da erscheint es nur logisch, Videos und gesprochene Wörter durchsuchbar zu machen. Was wie ferne Zukunftsmusik klingt, ist eigentlich schon eine alte Idee: In seiner Diplomarbeit am Fraunhofer-Institut hatte der Informatiker Schrumpf die Idee schon entwickelt, das war im Jahr 2004.

Das war ein Jahr bevor Youtube gegründet wurde, Videoplattformen im Internet waren noch alles andere als selbstverständlich und die Technik noch nicht bereit. Ganz zu schweigen vom rechtlichen Rahmen: Erst mit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Jahr 2014, welches das sogenannte Video-Embedding erlaubte, also das Einbinden fremder Inhalte auf der eigenen Internetseite, ergab sich die Möglichkeit, Spaactor als eigene Internetseite und als Unternehmen zu gründen.

Die Suchmaschine springt an die gewünschte Stelle

Denn der Clou der Suchmaschine ist: Sie zeigt nicht nur die gefundenen Podcasts oder Videos an, sondern springt auch direkt an die Stelle, an der der gesuchte Inhalt vorkommt. Die dahinterliegende Spracherkennung hat nach Angaben der Unternehmer schon eine Genauigkeit von 80 bis 85 Prozent. „Bei der Tagesschau sind es nahezu 100 Prozent. Die geben sich Mühe“, sagt Schoop. Schwieriger seien derzeit noch Dialekte oder wenn in Talkshows kreuz und quer durcheinandergesprochen werde. Doch daran arbeiten die Gründer.

Derzeit durchsucht Spaactor 250 Kanäle, Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender genauso wie etwa Youtube-Kanäle von Fußballvereinen oder bekannten Youtube-Stars. Nutzer können Vorschläge für weitere Sender machen, welche die Gründer dann redaktionell prüfen. So wollen sie anstößige und gewaltverherrlichende Inhalte von ihrer Plattform fernhalten. Derzeit liegen rund 1 Million Dokumente in der Datenbank, jeden Tag kommen 2000 bis 3000 dazu. Aus der ARD-Mediathek zieht sich der Algorithmus alle 15 Minuten neue Inhalte und macht sie durchsuchbar. Derzeit arbeiten die Gründer an einer englischsprachigen Variante der Suchmaschine.

Dafür suchen sie noch Investoren, und deshalb hatte Spaactor auch einen Stand in Halle 11 auf der Computermesse Cebit in Hannover. Gemeinsam mit rund 400 anderen Start-ups präsentierte sich das Jungunternehmen aus Bremen an kleinen Ständen in dem „Scale 11“ genannten Forum, bei dem diese Zeitung Medienpartner ist. Die Suche nach Risikokapitalgebern ist inzwischen abgeschlossen. Schoop und Schrumpf sind zufrieden mit dem Interesse an ihrem Produkt. Das sei in der Woche auf der Cebit deutlich zu spüren gewesen.

Geld mit Anzeigen verdienen

Geld verdient Spaactor derzeit über Anzeigen, außerdem bietet das Unternehmen eine kostenpflichtige Suchabfrage an extra für Unternehmen, die bestimmte Suchbegriffe über einen längeren Zeitraum überwachen wollen. Denkbar wäre auch, dass Unternehmen oder Parteien im Wahlkampf Videoanzeigen schalten, die ähnlich wie bei Google über den normalen Suchtreffern angezeigt werden. So könnte etwa Angela Merkel ihre Parteitagsrede besonders prominent plazieren lassen, wenn man in Spaactor nach ihr sucht.

Die Perspektiven für das junge Unternehmen sind rosig, denn die Infrastruktur für seine Technologie steht bereits. Mit der Azure-Cloud von Microsoft im Hintergrund ist das Geschäftsmodell auch gut skalierbar, das bedeutet, dass Spaactor den benötigten Speicherplatz und die Server für die Suche schnell dazubuchen könnte, falls das Interesse deutlich steigt. Und das Unternehmen hat den Vorteil, Erster zu sein, doch die Konkurrenz schläft nicht: „Google oder Facebook könnten so etwas sicher auch entwickeln, aber offenbar liegen ihre Prioritäten derzeit woanders“, sagt Schrumpf. Gut 150 000 Euro würde es kosten, so eine Spracherkennungssoftware zu entwickeln, sagt der Informatiker. Und vielleicht klopfen die großen Unternehmen aus dem Silicon Valley ja irgendwann an, um die Spaactor-Technik zu kaufen – es wäre nicht das erste Mal, dass einem Start-up so etwas passiert.

Auf den Geldregen durch einen Exit hofften in der Halle 11 natürlich viele der jungen Unternehmen. Die Bandbreite der Ideen ist groß und die Interessen der Besucher grundverschieden. Während manche Start-ups die meiste Zeit allein an ihrem Stand herumsitzen und darauf warten, dass sich jemand für ihre App interessiert, strömen an anderen Ständen die Interessierten gleich in Gruppen herbei.

3D-Druck wird günstiger – und schneller

So wie bei Triditive, einem spanischen Unternehmen, das einen neuartigen 3D-Drucker präsentiert. Mariel Diaz, Gründerin und Chefin des Unternehmens, kommt eigentlich aus Kolumbien, doch sie forscht seit einiger Zeit an der Universität Oviedo zu 3D-Druck. Gut 3000 Euro kostet der Drucker, der gut 1000 Teile pro Woche produzieren kann. Das Gerät soll eine Lücke füllen zwischen industrieller Großproduktion und der Spielerei von Technik-Nerds, die einfach nur ein bisschen mit 3D-Druck experimentieren wollen, um Prototypen zu bauen. „So wie wir druckt kein anderer“, sagt Diaz.

Was dafür viele andere Start-ups machen, sind Apps, also Programme für Smartphones. „Daily Dress“ ist so eine, die Kleidungsstücke für jeden Tag empfehlen soll, individuell auf den Kleiderschrank der Kundin abgestimmt. Frauen brauchten jeden Tag mindestens 16 Minuten, bis sie sich für ein Outfit entschieden hätten, wirbt das Start-up. 40 Prozent aller Kleidungsstücke einer Frau würden selten oder nie getragen. Der selbstlernende Algorithmus des Start-ups soll das ändern und wie die Mutter früher die Kleidung herauslegen – zumindest digital. Oder wenigstens eine Empfehlung abgeben. Die Gründungsidee ist auf der Cebit mit einem Innovationspreis ausgezeichnet worden.

Empfehlungen gibt auch „Drivo“ ab, eine App aus Bremen, die das Fahrverhalten im Auto mit Hilfe der im Smartphone eingebauten Sensoren analysiert und Tipps gibt für eine bessere Fahrweise. Für normale Nutzer soll es Ansporn sein, bewusster zu fahren. Geld verdienen will das Start-up mit Flottenmanagement, also Unternehmen davon überzeugen, ihre Fahrer zu überwachen, damit die Autos länger in gutem Zustand bleiben. Die App ist gerade erst herausgekommen. Schon auf der Cebit zeigt sich, wie hart der Kampf um Aufmerksamkeit ist. Für „Drivo“ folgt nun noch mehr als für die anderen Start-ups eine Fahrt ins Ungewisse.

Dieser Text ist am 26. März in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erschienen

von Jonas Jansen erschienen in Netzwirtschaft ein Blog von FAZ.NET.


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